Das Bestellerprinzip (Erstauftraggeberprinzip) 

Das Bestellerprinzip (Erstauftraggeberprinzip) bei Wohnungsmietverträgen in Österreich ab 01.07.2023

13.06.2023

von Gerd Reisigl

 

Das Bestellerprinzip (Erstauftraggeberprinzip) bei Wohnungsmietverträgen in Österreich ab 01.07.2023

Das Bestellerprinzip (Erstauftraggeberprinzip) bei der Vermittlung von Wohnungsmietverträgen wird mit 01.07.2023 in Österreich eingeführt. Nicht nur bei Vermietern und Mietern von Wohnungen ergeben sich Fragen, sondern auch bei den Immobilienmakler-Unternehmen. Dies nehmen wir zum Anlass für diesen BLOG Beitrag um die häufigsten, an uns gestellten Fragen, zu beantworten.

 

Was ist das Bestellerprinzip?

In einem neuen § 17a MaklerG wird mit Geltung ab 1. Juli 2023 das Erstauftraggeberprinzip für die Vermittlung von Wohnungsmietverträgen verankert werden. Bei ab dem 1. Juli 2023 abgeschlossenen Maklerverträgen (Vermittlungsaufträgen) soll hierbei die Provision des Maklers grundsätzlich derjenige Vertragsteil zahlen müssen, der als erster Auftraggeber die Leistung des Maklers veranlasst hat. Quelle: WKO

 

Wer muss die Maklerprovision ab 01.07.2023 bezahlen?

Die Provision des Maklers soll grundsätzlich derjenige Vertragsteil zahlen müssen, der als erster Auftraggeber die Leistung des Maklers veranlasst hat. Das heißt salopp ausgedrückt: Wer bestellt – bezahlt.

 

Wird das Bestellerprinzip auch auf Kauftransaktionen angewandt?

Nein, das Bestellerprinzip wird nur auf Wohnungsmietverträge angewandt.

 

Wird das Bestellerprinzip auf alle Miettransaktionen angewandt?

Ausgenommen sind Gewerbeimmobilien und gewerbliche Transaktionen. Weiter bei der Vermittlung von Wohnungsmietverträgen, die von Dienstgebern als Mieter geschlossen werden, um Dienstnehmer eine Dienst-, Natural-, oder Werkswohnung (§1 Abs. 2 Z 2 MRG) zur Verfügung zu stellen.

 

Wird das Bestellerprinzip auch auf Häuser angewandt welche in der Vollausnahme des MRG liegen?

Ja, das Bestellerprinzip wird bei Mietverträgen welche z.B. ein Haus betreffen auch angewandt.

 

Ab wann ist das Bestellerprinzip gültig?

Das Bestellerprinzip ist ab 01.07.2023 gültig.

 

Kann ein Wohnungssuchender (Mieter) einen Immobilienmakler zur Suche einer Mietwohnung beauftragen?

Das ist weiterhin möglich.

 

Kann die Bezahlung der Provision für den Auftraggeber (Mieter) wegfallen, obwohl er der erste Auftraggeber ist?

Selbst wenn der Wohnungssuchende der erste Auftraggeber des Maklers ist, wird ihm gemäß § 17a Abs 3 MaklerG ab 1. Juli 2023 unter bestimmten Voraussetzungen (wirtschaftliche Verflechtungen des Maklers mit dem Vermieter oder Verwalter; Abstandnahme des Vermieters vom Abschluss eines Maklervertrags lediglich zur Erwirkung einer Provisionspflicht des Wohnungssuchenden; die zu vermittelnde Wohnung wurde bereits vom Makler beworben) keine Provisionsverpflichtung aufgebürdet werden dürfen. (Quelle: WKO, FH-Doz. Univ.-Lektor Mag. Christoph Kothbauer)

 

Ändert sich durch das Bestellerprinzip etwas an den Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers?

Immobilienmakler werden in Zukunft, durch Einführung des Bestellerprinzips, einseitig für den Auftraggeber tätig werden und nicht mehr als Doppelmakler agieren. Es ist davon auszugehen, dass der Umfang der Beratungs- und Serviceleistungen reduziert wird. Weiterhin darf der Immobilienmakler nicht wissentlich etwas Falsches sagen. Oft hängt es an der Einzelfallbetrachtung. Wir werden die OGH Urteile der nächsten Jahre uns ansehen.

 

Welche Auswirkungen sind mit Einführung des Bestellerprinzips zu erwarten?

Da normalerweise der Vermieter den Vermietungsauftrag vergibt und damit ab 01.07.2023 den Immobilienmakler zu zahlen hat, werden professionelle Immobilienmakler mehr Aufträge erhalten und die anderen Marktteilnehmer Aufträge verlieren. Somit kann mit einer Verbesserung der Dienstleistungsqualität (zumindest zum Vermieter hin) gerechnet werden.

Einige Vermieter werden versuchen selbst Mieter zu finden und entsprechende Erfahrungen auf dem Markt sammeln. Es ist davon auszugehen, dass zumindest ein Teil davon wieder auf die Dienstleistungen von professionellen Immobilienmaklern zugreifen wird.

Manche Immobilienmakler werden Dienstleistungspakete anbieten und entsprechende Angebote schnüren.

Die Dokumentationspflichten für Immobilienmakler werden strenger.

Wir werden sehen was die Zukunft bringt. Bleiben wir gespannt!

 

 

Key words: Bestellerprinzip, Erstauftraggeberprinzip, Immobilienmakler, Österreich, Mietwohnung,

 

Verwendete Quellen: Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Maklergesetz

 

© Gerd Reisigl

 

 

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Sollten Ihnen andere Immobilienthemen unter den Fingernägeln brennen, lassen Sie es mich wissen. Wenn das Thema aktuell und interessant ist, greife ich es gerne auf und nehme es auf die Themenliste.

MMag. Gerd Reisigl ist Immobilientreuhänder in Innsbruck und Eigentümer der SE7EN Immobilien GmbH

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